Analog der Lernzielhierarchie vom Bloom kann man mehrere Stufen bei der Einführung neuer Unterrichtstechniken definieren. Das diesbezügliche SAMR Modell wurde von Dr. Ruben Puentedura entwickelt: Die Buchstaben stehen für Substitution, Augmentation, Modifikation und Redefinition. Diese vier Stufen zeigen die Art auf, wie neue (digitale) Techniken im Unterricht eingesetzt werden können:

Mein Weg entlang des SAMR Modells:

  1. Auf der ersten Stufe, der Substitution wird z.B. das iPad (in Kombination mit Pencil, PC mit -Spiegelsoftware Airserver oder dem appleTV und Beamer) nur benutzt, um die Wandtafel oder das Papier zu ersetzen.
  2. Auf der zweiten Stufe, der Augmentation, geht es um die Erweiterung, einen Mehrwert der neuen Technik gegenüber dem alten Medium: Das Schreiben auf dem Tablet ermöglicht es z.B.
    • der Lehrperson, den Lernenden zugewandt zu bleiben, ja sogar mitten unter ihnen während des „Tafelanschriebes“ zu sitzen,
    • Bilder, Grafiken und Videos (evtl. Probleme bei der Übertragung durch Airserver) in das „Tafelbild“ oder die Unterrichtsmitschriebe einzubinden,
    • eine simple aber effektive Zeitersparnis: Es gibt keine Zeitverluste mehr durch Tafelwischtätigkeiten oder der Problematik einer schlecht geputzten Tafel, nicht vorhandener Kreiden, Stifte, Papier, Ordner etc.
    • Die „Tafelanschriebe“ bleiben digital auf dem Tablet erhalten und sorgen automatisch für eine Dokumentation der Lerninhalte des Unterrichts.
  3. Auf der dritten Stufe, der Modification bisheriger Lehr-/Lernprozesse, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten des Unterrichtsgeschehens. Z.B.
    • durch den Zugriff Schüler-Devices auf die Spiegelsoftware z.B. zur Präsentation schülereigener digitaler Präsentationen (Learning-Apps, Bilder, Videos, Folien etc.)
    • spontaner Zugriff auf Lernvideos im Sinne von individualisiertem Lernen
    • Steuerung des Unterrichtsgeschehens eher aus einer vom Schüler kommenden Fragehaltung
  4. Auf der höchsten Stufe, der Redefinition, geht es um Lernszenarien, die ohne die neue Technik gar nicht oder nur schwer möglich wären. Dazu würde ich zählen:
    • kollaboratives Arbeiten an einer digitalen Pinwand (z.B. Padlet)
    • Arbeiten mit einem LMS unter Nutzung all der Möglichkeiten (Blog, Zugriff auf und Verwaltung von Lernmaterialien und -medien, Lehrer als Coach)
    • neue Unterrichtsmethoden, z.B.  Blended Learning oder Flipped Classroom

Mein subjektiver Eindruck beim Gespräch mit anderen technikbegeisterten Lehrpersonen ist, dass sehr viel auf der Stufe der Modifikation erprobt wird. Auch Lehrerfortbildungen setzen hier an. Wenn dann allerdings ein nicht so technikaffiner Kollege von außen auf das Geschehen schaut, wird er eher abgeschreckt ob des sichtbar erforderlichen Mehraufwands, der nicht von der Hand zu weisen ist:

  • Mit dem dem iPad, insbesondere dem Dateimanagement, muss man sich vertraut machen.
  • Es gibt unzählige Apps…
  • Wenn man z.B. keine wackeligen, aus der Hand gedrehten Handyvideos haben möchte, dann befindet man sich rasend schnell im Bereich von semiprofessionellem Filmen, Schneiden und Vertonen von Videos…

Die diesbezüglichen Fachgespräche drehen sich um diverse Unterrichtsszenarien, die mit der einen oder anderen App auf einmal neue, exotische Konstellationen darstellen. Ein Mehrwert der neuen Technik wird von Skeptikern angesichts der als zu schwierig und zeitaufwändig und nur punktuell wirksam empfundenen Neuerungen, die mit dem bisherigen Unterrichten nicht vereinbar scheinen, zurückgewiesen.

Möchte man eine große Gruppe von Lehrern begeistern, sollte man meiner Meinung nach mit Grundlagen beginnen. Auch die Bloomschen Lernziele bauen aufeinander auf. Warum nicht möglichst vielen Kollegen den Einsatz eines iPad (Pro) mit Pencil als Tafelersatz schmackhaft machen? iPads sind allemal günstiger als die teuren Whiteboards. Mit der tollen Technik ergeben sich ganz automatisch auch die weiteren Einsatzszenarien: Allein von der Haptik her macht es einfach Spaß, auf dem iPad mit dem Pencil zu schreiben. Der Zeitgewinn durch die wegfallende Tafelreinigung allein reicht schon, um hier einen Mehrwert zu erkennen – auch wenn das Starten des KlassenzimmerPCs mit Airserver sowie AirPlay auf dem iPad auch wenige Minuten dauern kann. Erst, wenn man die ersten Hürden im Umgang mit neuen Techniken erfolgreich hinter sich hat, kann man auf entspannte Entdeckungsreise Richtung Mehrwert neuer Einsatzszenarien gehen: Wer wollte denn allen Ernstes noch eine Schreibmaschine einem Textverarbeitungsprogramm auf einem PC mit dessen weiteren vielfältigen Möglichkeiten vorziehen? So ähnlich verhält es sich mit dem iPad als „Tafelersatz“. Schon auf der Ebene der Substitution lässt sich im Lehreralltag der Mehrwert eines iPads grundlegend erfahren, indem eine alltägliche Unterrichtssituation modifiziert wird.

Guter Unterricht definiert sich ja keineswegs an der Hierarchiestufe des SAMR Modells. Es zeigt nur die erweiterten Möglichkeiten auf.